Die Pest: Aktuelles Risiko durch Yersinia pestis

Ein Pest-Fall in den USA rückt Yersinia pestis wieder in den Fokus. Die Krankheit ist selten, aber global präsent. Was Ärzte zur Diagnostik und den klinischen Formen wissen müssen.

Pest: Was ein aktueller Fall für die ärztliche Praxis bedeutet

Ein aktueller Fall von Pest in Kalifornien, bei dem sich eine Person vermutlich beim Zelten durch einen Flohbiss infizierte, rückt eine historisch bedeutsame, aber keineswegs ausgerottete Krankheit wieder in den Fokus. Für die ärztliche Praxis in Deutschland ist dies ein Anlass, die Risikolage und die klinischen Aspekte von Infektionen mit Yersinia pestis neu zu bewerten.

Obwohl die Pest in Deutschland nicht endemisch ist – das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt das Risiko einer Einschleppung als sehr gering ein –, bleibt sie durch globale Reisetätigkeiten eine differenzialdiagnostische Überlegung bei entsprechender Anamnese. Der Erreger Yersinia pestis zirkuliert in Tierreservoiren, vor allem bei wilden Nagetieren, in verschiedenen Teilen der Welt. Endemiegebiete umfassen neben ländlichen Regionen im Westen der USA (durchschnittlich 7 Fälle/Jahr) auch die Demokratische Republik Kongo, Madagaskar und Peru. In Deutschland ist die Pest nach IfSG unverzüglich meldepflichtig.

Klinische Manifestationen und Diagnostik von Yersinia pestis

Die Infektion mit Yersinia pestis kann sich in drei Hauptformen manifestieren, deren Unterscheidung für Prognose und Management entscheidend ist:

  1. Beulenpest: Die häufigste Form (ca. 80 % der Fälle), meist Folge eines Flohbisses. Nach einer Inkubationszeit von 2-6 Tagen entwickeln sich Fieber, Schüttelfrost und eine extrem schmerzhafte, eitrige Lymphadenitis (Bubo) in der Nähe der Bissstelle.
  2. Pestseptikämie: Eine primäre oder sekundäre Bakteriämie ohne Bubo-Bildung. Sie verläuft fulminant mit Symptomen eines septischen Schocks, disseminierter intravasaler Koagulopathie (DIC) und Nekrosen.
  3. Lungenpest: Die gefährlichste Form. Sie entsteht sekundär durch hämatogene Streuung oder primär durch Inhalation infektiöser Tröpfchen. Dies ist die einzige Form der Pest, die von Mensch zu Mensch übertragen wird. Symptome umfassen hohes Fieber, Dyspnoe, Husten und Thoraxschmerzen. Unbehandelt ist die Letalität extrem hoch.

Die Verdachtsdiagnose stützt sich auf die klinischen Symptome in Verbindung mit einer relevanten Reise- oder Expositionsanamnese (z. B. Aufenthalt in Endemiegebieten, Kontakt zu Nagetieren). Die Diagnosesicherung erfolgt durch den mikroskopischen Nachweis und die Kultur von Yersinia pestis aus Bubo-Aspirat, Blut oder Sputum sowie mittels PCR.

Risikobewertung und Management in der Praxis

Das RKI hält die Einschleppung eines an Lungenpest Erkrankten aufgrund der kurzen Inkubationszeit für unwahrscheinlich. Dennoch kann eine infizierte Person während der Inkubationszeit nach Deutschland einreisen. Bei Patienten mit passender Symptomatik und Reiseanamnese sollte die Pest differenzialdiagnostisch erwogen werden.

Die zentrale Botschaft lautet: Schnelles Handeln ist entscheidend. Eine antibiotische Therapie sollte idealerweise sofort, spätestens innerhalb von 18 bis 24 Stunden nach Symptombeginn eingeleitet werden, da dies die Prognose drastisch verbessert. Zu den wirksamen Antibiotika gehören Doxycyclin (oft zur Prophylaxe und bei leichteren Verläufen), Ciprofloxacin und Gentamicin sowie Streptomycin, die insbesondere bei schweren Verläufen als Mittel der Wahl gelten. Ungeeignet sind hingegen Antibiotika wie Penicilline.

Fazit für die Praxis: Auch wenn die Pest eine Rarität darstellt, erfordert die Globalisierung eine erhöhte Wachsamkeit. Ein Verständnis der klinischen Bilder und die gezielte Abfrage der Reiseanamnese sind entscheidend, um einen potenziellen Fall frühzeitig zu erkennen und adäquat zu behandeln.