Erst Fertilitätserhalt, dann Therapiestart

Diagnose Keimzelltumor. Woran denken Sie präoperativ? Sonografie, Tumormarker und auch die Kryokonservierung? Bevor Sie mit der onkologischen Therapie beginnen, helfen Sie Ihren Patienten, einen späteren Kinderwunsch noch erfüllen zu können.

Wissenswertes zur Fertilitätssicherung

Diagnose Keimzelltumor und dann?

Bei der Diagnose eines Keimzelltumors beim jungen Mann ist das Prozedere klar: Sonografischer Befund, anschließend die Untersuchung von Tumormarkern und schließlich eine Ablatio testis mit nachfolgender Strahlen- oder Chemotherapie. Was jedoch allzuoft vergessen wird, ist ein möglicher späterer Kinderwunsch im Leben des aktuell noch jungen Patienten.

Während der eigentlichen Antitumortherapie kommt es zu massiven Keimzellschäden, eine Infertilisation "aus eigener Kraft" wird dadurch im späteren Leben häufig unmöglich. Um die Fertilität der Patienten zu sichern, ist es möglich, Samenzellen präoperativ und vor allem auch vor einer möglichen Strahlen- oder Chemotherapie zu gewinnen und einzufrieren. Für diese sogenannte Kryokonservierung als Fertilitätsreserve gibt es seit dem 1. Juli 2021 eine Kostenübernahme seitens der Krankenkassen, inklusive aller Folgekosten. Vor Juli 2021 mussten Betroffene den Fertilitätserhalt noch selbst finanzieren. Die aktuelle Situation stellt somit eine wichtige Neuerung dar, die in der Praxis weiter bekannt gemacht und genutzt werden sollte.

Indikation zur Kryokonservierung von Keimzellen

Die Kryo-RL ist seit dem 1. Juli 2021 in Kraft. Doch was beinhaltet die Richtlinie und wie werden die Inhalte in der Praxis umgesetzt? Dazu gab Frau Porf. Dr. med. Sabine Kliesch bei der diesjährigen UroAktuell in Berlin ein paar hilfreiche Einblicke.

Medizinisch indiziert ist die Kryokonservierung - z. B. von Spermien - inbesondere vor eine operativen Entfernung der Keimdrüsen, vor einer Strahlentherapie mit Beeinträchtigung der Keimdrüsen sowie bei jedweder potenziell keimschädigender Medikation. Die Indikation kann somit auch außerhalb der Onkologie gestellt werden.

Wer ist Leistungserbringer?

Um die Beratung und Durchführung der Kryokonservierung leisten zu dürfen, muss die BÄK RL-ART erfüllt sein und eine Genehmigung nach §20b oder §20c des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorliegen.

Desweiteren dürfen Kinderwunschzentren oder darauf spezialisierte Praxen mit folgenden Zusatzkenntnissen zur Kryokonservierung beraten und diese durchführen: Zentren oder Praxen mit Zusatz "Endokrinologie der Reproduktion", "Gynäkologische Sonographie" sowie "operative Gynäkologie" und "Reproduktionsbiologie". Zur Behandlung von männlichen Versicherten ist jedoch zusätzlich ein Nachweis "Andrologie" erforderlich. 

Bei männlichen Versicherten darf die Kryokonservierung von Fachärztinnen oder Fachärzten mit der Zusatz-Weiterbildung Andrologie vorgenommen werden.

Was gehört zum Leistungskatalog?

Für die Beratung von jungen Männern zum Kryokonservierung sind die folgenden andrologischen Abrechnungsziffern nach EBM von Bedeutung: 08623 andrologische Beratung, 08640 Gewinnung, Untersuchung und Aufbereitung des Spermas, 08641 Aufbereiten und Untersuchung von Hodengewebe, 08645 Aufbereiten und Einfrieren von Samenzellen, 08647 Auftauen und Aufbereiten von Samenzellen oder Keimzellgewebe, 08648 Spermienpräparation aus Hodengewebe nach testikulärer Spermienextraktion.

Unklarheiten im Rahmen der Kryokonservierung

Die Richtlinie zur Kryokonservierung ist ein echter Meilenstein in der Versorgung von Patienten mit potenziell keimzellschädigen Therapien und es gibt einige gut geregelte Anforderungen, die für eine Kryokonservierung erfüllt sein müssen. Dennoch finden sich ebenso weiterhin offenen Fragen in der Versorgung der Patienten, so z. B. 

Quelle: Prof. Dr. med. Sabine Kliesch "ANDROLOGIE - Medikamentöse Tumortherapie, Fertilität und Sexualität", UroAktuell 2022, Berlin

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Erst Fertilitätserhalt, dann Therapiestart

Die Diagnose Krebs ist gerade auch für jüngere Patienten ein Schock. Oft drehen sich die Gedanken zuerst um das eigene Überleben und um die möglichen Folgen der Erkrankung. Gut, wenn Ärztinnen und Ärzte dann einen kühlen Kopf bewahren und neben den onkologischen Fragestellungen auch die Fertilitätssicherung für ihre Patienten mit bedenken. Die Beratung und Ausführung zum Fertilitätserhalt sollte natürlich vor dem eigentlichen Therapiestart erfolgen. Die damit im Zusammenhang stehenden Kosten werden durch die Krankenkassen übernommen.

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Spermien im Wettstreit um eine Eizelle

Wissenswertes zur Fertilitätssicherung

  • Prinzipiell sollten Sie Patienten vor Beginn einer keimzellschädigenden Therapie (auch nicht-onkologisch) bezüglich der Kryokonservierung von Keimzellen beraten.
  • Für die Beratung, Durchführung und Abrechnung müssen Sie entweder selbst die Zusatzbezeichnung Andrologie vorweisen können oder aber einen Andrologen hinzuziehen.
  • Alle im Zusammenhang mit einer Fertilitätssicherung stehenden Kosten, inklusive der Langzeitlagerung, können derzeit nach EBM abgerechnet werden.

Diagnose Keimzelltumor und dann?

Bei der Diagnose eines Keimzelltumors beim jungen Mann ist das Prozedere klar: Sonografischer Befund, anschließend die Untersuchung von Tumormarkern und schließlich eine Ablatio testis mit nachfolgender Strahlen- oder Chemotherapie. Was jedoch allzuoft vergessen wird, ist ein möglicher späterer Kinderwunsch im Leben des aktuell noch jungen Patienten.

Während der eigentlichen Antitumortherapie kommt es zu massiven Keimzellschäden, eine Infertilisation "aus eigener Kraft" wird dadurch im späteren Leben häufig unmöglich. Um die Fertilität der Patienten zu sichern, ist es möglich, Samenzellen präoperativ und vor allem auch vor einer möglichen Strahlen- oder Chemotherapie zu gewinnen und einzufrieren. Für diese sogenannte Kryokonservierung als Fertilitätsreserve gibt es seit dem 1. Juli 2021 eine Kostenübernahme seitens der Krankenkassen, inklusive aller Folgekosten. Vor Juli 2021 mussten Betroffene den Fertilitätserhalt noch selbst finanzieren. Die aktuelle Situation stellt somit eine wichtige Neuerung dar, die in der Praxis weiter bekannt gemacht und genutzt werden sollte.

Indikation zur Kryokonservierung von Keimzellen

Die Kryo-RL ist seit dem 1. Juli 2021 in Kraft. Doch was beinhaltet die Richtlinie und wie werden die Inhalte in der Praxis umgesetzt? Dazu gab Frau Porf. Dr. med. Sabine Kliesch bei der diesjährigen UroAktuell in Berlin ein paar hilfreiche Einblicke.

Medizinisch indiziert ist die Kryokonservierung - z. B. von Spermien - inbesondere vor eine operativen Entfernung der Keimdrüsen, vor einer Strahlentherapie mit Beeinträchtigung der Keimdrüsen sowie bei jedweder potenziell keimschädigender Medikation. Die Indikation kann somit auch außerhalb der Onkologie gestellt werden.

Wer ist Leistungserbringer?

Um die Beratung und Durchführung der Kryokonservierung leisten zu dürfen, muss die BÄK RL-ART erfüllt sein und eine Genehmigung nach §20b oder §20c des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorliegen.

Desweiteren dürfen Kinderwunschzentren oder darauf spezialisierte Praxen mit folgenden Zusatzkenntnissen zur Kryokonservierung beraten und diese durchführen: Zentren oder Praxen mit Zusatz "Endokrinologie der Reproduktion", "Gynäkologische Sonographie" sowie "operative Gynäkologie" und "Reproduktionsbiologie". Zur Behandlung von männlichen Versicherten ist jedoch zusätzlich ein Nachweis "Andrologie" erforderlich. 

Bei männlichen Versicherten darf die Kryokonservierung von Fachärztinnen oder Fachärzten mit der Zusatz-Weiterbildung Andrologie vorgenommen werden.

Was gehört zum Leistungskatalog?

Für die Beratung von jungen Männern zum Kryokonservierung sind die folgenden andrologischen Abrechnungsziffern nach EBM von Bedeutung: 08623 andrologische Beratung, 08640 Gewinnung, Untersuchung und Aufbereitung des Spermas, 08641 Aufbereiten und Untersuchung von Hodengewebe, 08645 Aufbereiten und Einfrieren von Samenzellen, 08647 Auftauen und Aufbereiten von Samenzellen oder Keimzellgewebe, 08648 Spermienpräparation aus Hodengewebe nach testikulärer Spermienextraktion.

Unklarheiten im Rahmen der Kryokonservierung

Die Richtlinie zur Kryokonservierung ist ein echter Meilenstein in der Versorgung von Patienten mit potenziell keimzellschädigen Therapien und es gibt einige gut geregelte Anforderungen, die für eine Kryokonservierung erfüllt sein müssen. Dennoch finden sich ebenso weiterhin offenen Fragen in der Versorgung der Patienten, so z. B. 

  • für bestimmte Patientengruppen wie Klinefelter-Syndrom oder Turner-Syndrom,
  • für Minderjährige,
  • zur korrekten Dokumentation der Indikationsstellung und Beratung,
  • zur Vergütung bei wiederholter Ejakulatabgabe zur Kryokonservierung,
  • für Material- und Sachkosten,
  • sowie zur Abrechnung durch Universitätskliniken und Krankenhäuser, welche die Kryokonservierung anbieten möchten.

Quelle: Prof. Dr. med. Sabine Kliesch "ANDROLOGIE - Medikamentöse Tumortherapie, Fertilität und Sexualität", UroAktuell 2022, Berlin

Text

Dr. Marcus Mau

Urheberrecht

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